Respektvolles Trennen kann weltverändernd wirken.

!!! Dieser Text bezieht sich auf normale Beziehungen. Nicht auf Beziehungen mit häuslicher Gewalt und/oder Missbrauch! Dort gelten andere Regeln.

In letzter Zeit werde ich in meinen Coachings vermehrt mit Thema Trennung konfrontiert. Die einen trennen sich behutsam, ehrlich und mitfühlend, die anderen kalt und teilweise herzlos, so, als wäre der andere nie ein LiebespartnerIn gewesen.

Meine Beobachtung zeigt mir, dass sich Menschen mit einer ähnlichen inneren Haltung trennen, wie sie Beziehung geführt haben.

Waren sie in Beziehung angepasst, nie ganz ehrlich und authentisch, haben ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigt, um Konflikten aus dem Weg zu gehen, gehen sie auch während der Trennung möglichst jedem Konflikt aus dem Weg. Sie gehen einfach, oft ohne Ankündigung, entziehen sich einem klärenden Gespräch oder eskalieren, bevor es zu einem klärenden Gespräch kommen kann. Auf der einen Seite entsteht die die Haltung: „was ich jetzt tue, geht dich nichts mehr an“ und auf der anderen Seite steht ein großes Fragezeichen im Raum und das nicht verstehen können, warum man plötzlich mit so viel Ablehnung und Kälte konfrontiert wird.

Menschen, die immer das Gefühl hatten, innerhalb der Beziehung zu kurz gekommen zu sein, beginnen bei einer Trennung zu fordern: „jetzt endlich verlange ich, was mir zusteht“. Hier fehlt das Maß, die Eigenverantwortung und es zeigt sich, dass das nicht gut für sich sorgen können (innerhalb der Beziehung) jetzt dazu führt, dass es auch am Ende nur um Forderungen und Kompensationsversuchen geht. Auch hier geht es weniger um Lösungen, sondern das Ausleben von unterdrückten Emotionen.

Menschen, die sich viel und emotional gestritten haben, führen einen Rosenkrieg. Man konzentriert sich auf die emotionalen Verletzungen, reagiert immer wieder impulsiv und reaktiv und das Eigentliche, was geklärt werden müsste bleibt durch das Chaos ungeklärt. Wieder überspielt das laute und wütende Drama den tiefen liegenden Schmerz und die Vernunft.

Menschen, die sich einander ehrlich zugemutete haben, immer Verantwortung für ihre Gefühlswelt übernommen und innerhalb der Beziehung Selbstfürsorge betrieben haben, sich ihrer Werte bewusst sind, gehen sehr mitfühlend und wertschätzend aus einer Beziehung.

Häufig höre ich dann die Frage: „Warum trennen sich diese Menschen dann überhaupt?“

Allein in dieser Frager liegt schon ein Fehler verborgen: nur weil man sich gut behandelt muss man eine Beziehung führen?

Beim genaueren Hinschauen kann es GUTE Gründe für eine Trennung geben, auch dann wenn zwei Menschen wertschätzend und gut miteinander umgehen. Manchmal verändern sich die Lebensvisionen und werden unvereinbar, manchmal wollen beide sexuell etwas anderes und manchmal ist die Liebe einfach nicht mehr belebbar und findet auf der Liebesebene nicht mehr zueinander.

Je länger ich das Thema Trennung betrachte, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass Trennung immer etwas Gutes bewirken sollte. Es sollte uns nicht zerstören, sondern befreien. Befreien vom Druck, der sich aufgebaut hat, um die Beziehung am Leben zu erhalten, befreien von überholten Vorstellungen, die nicht mehr zum heutigen Leben passen.

Menschen, die innerhalb der Beziehung achtsam mit sich und dem anderen umgegangen sind, können auch dort besser loslassen, wo es einfach nicht mehr zusammengehört.

Eine Trennung muss nicht zwangsläufig etwas Schlimmes sein, etwas, was zerstörend wirkt. Eine Trennung ist genau genommen eine notwendige Neuformierung, damit beide das Leben führen können, was ihnen im Hier und Jetzt entspricht.

Es ist kein Scheitern, kein Versagen, keiner muss sich schämen, wenn es zu einer Trennung kommt (auch mir kann das passieren!). Und vor allem: keiner trägt Schuld!

Loslassen und Neuformierungen gehören einfach zum Leben dazu.  Und wenn wir achtsam mit dem Neuformierung umgehen, kann daraus eine schöne neue Reise werden und der ehemalige Partner darf ein Mensch bleiben, an den wir gerne zurückdenken und die gemeinsame Zeit wertschätzend im Herzen behaltend.

Leider wird sich so nur sehr selten getrennt. Viele Menschen trennen sich von heute auf morgen, haben manchmal vor dem Aussprechen der Trennung hinter dem Rücken des anderen ein neues Leben aufgebaut, oder trennen sich erst dann, wenn alle Gefühl erkaltet sind.

Dahinter steht, wie bei allen schmerzhaften Dingen, Angst. Angst davor, mit der Trennung ansonsten emotional nicht klarzukommen, den Schmerz des anderen nicht spüren zu wollen, wieder rückfällig zu werden, der Glauben, es nicht anders zu schaffen, oder auch Angst vor den Konflikten, die entstehen könnten.

Wenn wir uns trennen, sind wir ja nicht plötzlich andere Menschen. Etwas in uns weiß sehr genau, dass bei einer Trennung die gleichen Mechanismen aktiv werden, wie bei einem Streit. Nur endgültig und ohne das man wieder zueinander findet. Und davor haben fast alle große Angst. Total verständlich und nachvollziehbar. Doch die Schlussfolgerung, sich mit Verhärtung und Kälte schützen zu können ist eine, die wir vielleicht einmal überdenken sollten.

Darum hier drei Punkte, die ich dir gerne einmal zum Nachdenken mitgeben möchte:

  1. Wenn wir uns trennen, sollten wir auf jeden Fall beachten, dass wir nicht nur die Beziehung trennen, funktional und praktisch, sondern dass wir auch unsere Bindung lösen müssen.

Das geschieht nie über Nacht. Ein Beziehungsende bedeutet nicht automatisch, dass auch Bindung schon gelöst wurde. Genauso wie es Zeit braucht Bindung aufzubauen, braucht es Zeit Bindung wieder zu lösen. Und genauso wie wir Bindung gemeinsam und nicht einseitig aufgebaut haben sollten wir Bindung auch gemeinsam und nicht einseitig (im Verborgenen) wieder lösen.

Es ist ein Zeichen eines sehr kleinen Selbstwertgefühls und von viel Angst vor Emotionen, wenn wir heimlich und ohne Wissen des anderen unsere Bindung lösen, aber im Beziehungsalltag so tun, als wäre noch alles in Ordnung.

Hier zwei Erlebnisberichte, die solch eine Trennung beschreiben:

„Bis wenige Tage vor der Trennung sagte sie zu mir sie werde sich nie von mir trennen, sie habe ein Versprechen abgegeben und wird es einhalten! Nur wenige Tage nach der Trennung hat sie ihren neuen Partner den Kindern vorgestellt.“

„Nach 11 Jahren Ehe, zwei kleinen Kindern und einem Haus, einem guten Leben…. Ich habe nicht mal gewusst, dass es ein Problem gibt. Offenbar heimlich und von langer Hand geplant. Mich mit den Kindern mit dem Fahrrad weggeschickt um die Autos mit allen Ordnern, Unterlagen und kostbaren Geräten etc. vollzuladen und zu gehen. Ich kam mit meinen zwei Kindern nach Hause und fand ein halb leeres Haus und eine komplett neue Situation in meinem Leben vor.“

Ich denke, es ist an der Zeit mit dem Thema Trennung einen anderen Umgang zu erlernen. Einen, der respektvoll ist, einen der wirklich abschließt und nicht einfach nur abbricht, und der keine Trümmerhaufen hinter sich lässt.

Trennt euch nicht erst, wenn ihr keinen Respekt mehr voreinander habt. Trennt euch nicht erst dann, wenn ihr schon ein neues Leben aufgebaut habt.

Energetisch sind wir alle miteinander verbunden, geistig emotional auch. Wenn du in einem glücklichen und von Liebe geprägtem Leben weiterleben willst, dann gehört es einfach dazu, dass du dein altes Leben respektvoll und mit Würde verabschiedest. Darum:

  1. Ein respektvolles Trennen ist Voraussetzung für eine glückliche neue Liebesbeziehung.

Alles, was du in dir nährst, strahlt aus dir heraus. Ist es Angst vor Emotionen, fürchtest du ich davor Verantwortung zu übernehmen, fürchtest du dich vor Vereinnahmung, willst du es vermeiden, dass dich noch einmal jemand verletzt oder emotionale Schmerzen zufügt? All das strahlt aus dir heraus und wird den Menschen dein Leben ziehen, der genau diese Eigenschaften und Vermeidungsstrategien von dir braucht, um an seine/ ihre Punkte zu kommen. Das läuft unterbewusst ab und ist der Grund dafür, dass wir immer wieder in ähnlichen Beziehungsstrukturen landen.

Lass es nicht zu, dass deine Schattenseiten genährt werden und diese neue Menschen in dein Leben ziehen.

  1. Nicht wenige Menschen, die eine sehr schmerzhafte Trennung erlebt haben, fühlen sich traumatisiert und wollen als Konsequenz nie wieder eine Beziehung führen.

Einige führen trotzdem Beziehung, wagen es aber nicht mehr sich wirklich zu öffnen, bleiben misstrauisch. Wer so Beziehung führt, triggert wiederum die Bindungswunde des neuen Partners, der Kreislauf geht weiter und wird immer verstrickter.

„Ich bin ich in den Abgrund gestürzt, war nur verbittert, gekränkt und verzweifelt. Bin immer noch im Prozess der Lösung und kann mir nicht vorstellen mich wieder zu öffnen.“

Je mehr Menschen in diesen Zustand verfallen, desto schwieriger wird das Zusammenleben. Überforderung, Resignation, Misstrauen, Bedürftigkeit, Egozentrik und die Durchsetzungskraft bestimmen dann unser Zusammenleben. So wird immer wieder das kindliche Trauma reaktiviert und Erschöpfung und Überforderung bestimmen als Resultat unseren Alltag, da unser Nervensystem aus dem Überlebensmodus nicht mehr herausfindet und nirgendwo Sicherheit erkennt.

Wohin sich dann unsere Welt entwickelt, ist sicher leicht zu erkennen. Darum sage ich, dass es weltverändernd wäre, wenn wir unsere Beziehungen beginnen kollektiv zu heilen, auch und gerade im Umgang mit Trennung.

Es ist heute so leicht in eine neue Beziehung hineinzugehen und Beziehungen zu beenden. Darum braucht es an dieser Stelle Bewusstsein, damit aus dem leichten Wechseln keine Hölle wird, einfach weil man es ohne Sinn und Verstand einfach mal eben so tun kann.

Keiner hat es uns vorgelebt. Wir müssen an dieser Stelle Pionierarbeit leisten und Verantwortung übernehmen. Verantwortung für unsere Entscheidungen, die wir persönlich und nicht leichtfertig treffen dürfen, wenn sie ein anderes Leben beeinflussen. Dort braucht es Respekt vor dem Leben des anderen. Keinen Egotrip.

Eine Trennung ist immer eine große Herausforderung, schmerzhaft und traurig, da Lebensträume zerplatzen, Intimität verloren geht, und wir mit Vergänglichkeit und Endlichkeit in Berührung kommen. Und gerade, weil es etwas so Großes ist, sollten wir dem mit Respekt und Haltung begegnen.

und … jede Trennung zeigt, mit welcher Haltung du in deine Zukunft gehen wirst. Lass es eine Aufrechte sein.